Anfang der 1990er Jahre ist der Ostblock unter Führung der Sowjetunion Geschichte. Verbinden statt trennen – das ist nun das Motto einer Gegend in der Mitte Europas. Während das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland nicht immer einfach ist, gibt es viele Begegnungen, Kooperationen und Bewegungen über die Oder hinweg. Die Menschen lernen einander wieder kennen. Es entsteht eine auf vielschichtige Weise verwobene Region: ökonomisch, kulturell, im täglichen Zusammenleben – und nicht zuletzt auch rund um die besondere Natur des unteren Odertals. Denn eines ist klar: Die Herausforderungen des Natur- und Hochwasserschutzes können beide Staaten nur gemeinsam angehen. Der Fluss kennt keine menschengemachten Grenzen!
Obwohl sie zwischen zwei „Bruderstaaten“ liegt, ist die Grenze zwischen Polen und der DDR zur Zeit des Kalten Krieges nicht durchlässig. Erst mit den Demokratiebewegungen in beiden Ländern und dem Ende der sozialistischen Herrschaftssysteme 1989 wird der Weg frei für die Öffnung der Grenze. Am 8. April 1991 öffnet sie sich dauerhaft für den visafreien Verkehr. Im Jahr 2004 tritt Polen der Europäischen Union bei und 2007 wird das Land Teil des Schengen-Raums. Damit entfallen alle Grenzkontrollen zwischen Polen und Deutschland.
Mit der Grenzöffnung 1991 bietet sich den Menschen und der ganzen Region die Chance gemeinsam gelebter Nachbarschaft. Vor allem der kulturelle Austausch blüht auf. Deutsch-polnische Kulturveranstaltungen bringen die Menschen zusammen. Auch wirtschaftlich nähert man sich einander an. Und dann ist da natürlich der ganz alltägliche Kontakt - der „kleine Grenzverkehr“. So verständigen sich die Menschen am Fluss über Sprachbarrieren hinweg, ein neues Gemeinschaftsgefühl entsteht.
Natur kennt keine Grenzen – auch nicht an der Oder. So überqueren beispielsweise die Wildgänse völlig unbeschwert die deutsch-polnische Grenze – wortwörtlich im Flug. Für die Belange von Umwelt und Natur macht sich das Aktionsbündnis „Zeit für die Oder“ stark. Es versammelt die wichtigsten Umweltverbände Deutschlands, Polens und Tschechiens mit dem Ziel, die Oder als naturnahen Lebensraum zu erhalten und zu gestalten. Ihnen gegenüber stehen die Interessen der Güterschifffahrt, welche die Oder für größere Schiffe ausbauen will.