Was bedeutet die Oder für uns? Der Fluss kann vieles sein: ein gemeinsamer Lebensraum für Mensch und Natur, ein Wasserweg, eine Grenze, eine Bedrohung. Doch welchen Blick auch immer wir auf die Oder haben, ob zukünftig die Chancen oder Gefahren für das Leben am Fluss überwiegen: Es liegt hauptsächlich an uns – den Menschen. Dabei wirken sich Entwicklungen im Großen konkret vor Ort aus: So bedeutet ein Anstieg des Meeresspiegels als Folge des Klimawandels auch eine größere Hochwassergefahr im unteren Odertal. Andererseits kann auch vor Ort viel getan werden, um Großes zu bewirken: So filtert eine ökologisch funktionierende Auenlandschaft beispielsweise die Düngemittel aus dem Wasser, die beim Fließen ins Meer zu Algenpest und Fischsterben führen können. Malen wir uns also die Zukunft aus: Wie wollen wir hier einmal leben? Und wie kommen wir dahin?
What can or must we do to achieve the future in the Lower Oder Valley that we want for our children? To act correctly today, we must draw up images of how this future could look. Certain developments can be noted clearly right now. We have to consider how we will deal with them. Here, we take three such developments and stretch them out to form images of the future to stimulate consideration and discussion.
1) Eine Schifffahrtsschnellstraße in der Megametropole
Das Jahr 2050: Die Berlinerinnen und Berliner bestehen zwar noch darauf, dass ihre Stadt nicht an der Ostsee liegt, doch vom Szczeciner Haff bis nach Berlin zieht sich ein nicht abreißender Teppich von Hochhaussiedlungen und Fabriken. Dazwischen liegen riesige Transportknotenpunkte. Der Warenverkehr wurde auf die effiziente Binnenschifffahrt verlagert. Die Oder hat sich in eine Schifffahrtsschnellstraße gewandelt. Aus der Region ist ein wichtiger Umschlagplatz und Produktionsstandort geworden, dessen Güter in alle Welt verschifft werden.
2)Das gesamte Gebiet rund um das untere Odertal wird Wildnis
Das Jahr 2050: Eine Woche wandern die Naturwächterinnen und Naturwächter auf ihrem Weg durchs untere Odertal. Sie beobachten Braunbären und Elche. Sie galten in Deutschland als ausgerottet, nun kehren sie von Osten her zurück. Im Jahr 2040 haben sich die Menschen am Fluss geeinigt: Ein viel größeres Gebiet als das internationale Schutzgebiet im unteren Odertal wird für die Öffentlichkeit gesperrt. Sogar einige Dörfer wurden geräumt. Nur von der Oder aus können die Besucherinnen und Besucher auf Kähnen das Naturschauspiel erleben.
3)Meeresspiegelanstieg
Das Jahr 2050: Venedig auf der Oder! In den Städten Szczecin und Schwedt sind ganze Wohnbezirke von Kanälen statt Straßen durchzogen. Das eigene Boot wird zum Verkehrsmittel der Wahl. Der Klimawandel hat zum rasanten Anstieg des Meeresspiegels geführt, der in die Oder hineindrückt und die niedrigen Flächen des unteren Odertals dauerhaft überflutet. Die Gefahr von Extremwetter und Sturmfluten hat zugenommen. Man schaut besorgt auf die Dämme und Deiche, die zum Schutz der Menschen bereits überall verstärkt worden sind.